Das Finanzgericht Münster entschied im Rahmen eines Verfahrens betreffend die Aussetzung der Vollziehung, dass ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betragsmäßig beschränkten Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) bestehen und hat dem Aussetzungsantrag stattgegeben, soweit er die Beschränkung des Verlustausgleichs bei Termingeschäften auf 20.000 Euro betraf (Az. 6 V 252/24).
Sowohl die Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte als auch die Konsequenzen der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für die Antragsteller – nämlich die Besteuerung von Gewinnen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung tatsächlich gar nicht erzielt worden seien – seien erheblich. Demgegenüber sei nicht ersichtlich, dass die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung berühren könnte. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betragsmäßig beschränkten Verlustverrechnung gem. § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i. d. F. des JStG 2020. Danach dürften Verluste aus Termingeschäften nur in Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien verrechnet werden; nicht verrechnete Verlust dürften je Folgejahr ebenfalls nur bis zur Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften und Einkünften aus Stillhalterprämien verrechnet werden. Die Norm bewirke also, dass Verluste aus Termingeschäften zwar nicht generell versagt, jedoch nur bei (späteren) Gewinnen aus Termingeschäften bzw. Stillhalterprämien und dann nur zeitlich gestreckt abgezogen werden dürften.
Insofern bestünden erhebliche Bedenken, ob die Norm mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei. Denn die Vorschrift behandele Steuerpflichtige bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte danach unterschiedlich, ob sie Verluste aus Termingeschäften oder aus anderen Kapitalanlagen erzielt hätten, obwohl zwischen beiden Gruppen kein Unterschied hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ersichtlich sei. Durch die Beschränkung des Verlustabzugs und des damit verbundenen Verlustvortrags könne es sogar dazu kommen, dass Steuern auf Gewinne anfielen, obwohl bei wirtschaftlicher Betrachtung kein Gewinn aus derselben Kapitalanlage entstanden sei.
Für diese Ungleichbehandlung fehle es selbst bei einer Prüfung anhand des Willkürmaßstabs an einem hinreichenden Rechtfertigungsgrund. Wenn in der Gesetzesbegründung darauf abgestellt werde, dass die Regelung das Investitionsvolumen und die entstehenden Verlustrisiken aus spekulativen Termingeschäften begrenzen solle, überzeuge dies in Bezug auf die Beschränkung der Verlustverrechnung auf 20.000 Euro nicht. Es sei bereits nicht schlüssig, weshalb die Sofortversteuerung einzig für die Gewinne aus Termingeschäften eingreifen solle. Vor dem Hintergrund des objektiven Nettoprinzips sei es nicht folgerichtig, dass der Steuerpflichtige Gewinne aus Kapitalanlagen vollumfänglich im Zuflusszeitpunkt versteuern solle, die Anerkennung der Verluste aber betragsmäßig begrenzt werde. Auch könne die alleinige Abziehbarkeit in den Folgejahren dazu führen, dass die Verlustverrechnung – bspw. bei Wohnsitzverlagerung, Tod des Steuerpflichtigen oder dem Ausbleiben von Gewinnen aus Termingeschäften oder Stillhalterprämien – endgültig ausbleibe.
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